Seit Juni 2020 ist klar. Die Bundesregierung will allein in Deutschland 7 Milliarden Euro in den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft investieren. 2 Milliarden Euro gehen zusätzlich an ausländische Regionen und Konzerne, die beim Aufbau der nationalen Wasserstoffversorgung wichtig sind. Wer an die Fördermittel will, muss sich an Ausschreibungen beteiligen. Sicherlich geht es bei diesen vor allem um die inhaltlichen Aspekte. Aber es geht auch um die richtige Präsentation, die passenden Argumente, Geschichten, Visionen, Videos. Wer Einblick hat, wie die bundesdeutschen Städte heute um internationale Leitmessen buhlen, erhält einen Eindruck, wohin die Reise bei der Selbstdarstellung geht.
Hamburg bekommt den Mega-Elektrolyseur. Die vier Partner Shell, Vattenfall Innovation, Mitsubishi und Hamburg Energie wollen in den kommenden Jahren ein Wasserstoffkraftwerk der Superlative bauen. Klar, dass diese Ankündigung weltweit für Interesse sorgt. Aber nach der Ankündigung geht die kommunikative Arbeit erst los. Das interne Partnermanagement, die Kommunikation mit der Stadt, Updates bei Journalisten, der interessierten Stadtöffentlichkeit und natürlich am Standort selbst: Stichwort Nachbarschaftskommunikation. Dialogorientiertes Kommunikationsmanagement ist gefragt.
Und auch ein Issue Management, falls es beim Projekt dieser Größenordnung zu Verzögerungen kommt.
Klar ist: Der Wasserstoffboom wird derzeit durch die Berichterstattung in den Medien gehypt. Wenn nicht Corona die TV-Berichterstattung dominieren würde, wäre das Thema vermutlich auch im TV noch sichtbarer. Doch noch ist fraglich, welche Expertinnen und Experten die Entwicklungen der Wasserstoffwelt in den verschiedenen Kanälen erklären: Wer wird TV-Experte, wer Youtube-Star und wer LinkedIn-Influencer. Das Potenzial ist da. Noch ist die Debatte in den verschiedenen Kommunikationskanälen eine recht fachliche. Aber die Diskussionen werden aus der Fachnische herauskommen, das haben uns andere Agendathemen gezeigt – ob es nun um Digitalisierung, das Internet der Dinge, Klimaschutz oder Corona geh. Und dann sind gute Erklärungen, klare Botschaften, starke Bilder und Videos gefragt. Und eine Sprache, die die unterschiedlichen Zielgruppen verstehen.
Wenn es um Klimaschutz und Wirtschaftswachstum geht, dann ist Wasserstoff bei Regierungsvertretern hoch im Kurs. Doch bei der Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft braucht es einen langen Atem. Gut ist, wer das Thema langfristig mit Studien, Analysen und wissenschaftlichen Forschungserkenntnissen begleitet. Damit der Hype nicht schnell zum Erliegen kommt.
Erinnert sich noch jemand an die Zeit, als Tesla ein reines Statussymbol war: eigentlich zu teuer, mit wenig Reichweite, aber cool im Fahrgefühl und ideal fürs Gewissen des Fahrers, auch etwas fürs Klima zu tun? Die Zeit ist ja noch gar nicht so lange her. Automobilmarken können schon heute zeigen, welche Wasserstofffahrzeuge ihr next big thing sind. Aber vielleicht sind private Fahrer die falsche Zielgruppe. Denn LKWs, Nutzfahrzeuge, Busse oder Züge werden schneller auf Deutschlands Straßen und Schienen zu sehen sein. Aber es spricht nichts dagegen, dass sich Stadtentscheider dann auch cool fühlen mit dem guten Gewissen, etwas fürs Klima zu tun. Denn auch die nächste Generation an Fahrzeugen wird noch teuer sein. Und Marketing und Kommunikation müssen erklären, dass das trotzdem richtig und wichtig ist.
Die Erneuerbaren haben es vor vielen Jahren vorgemacht. Deutschland gehört zu den Vorreitern, wenn es um die Entwicklung neuer Technologien geht. Es ist zu erwarten, dass deutsche Forscher und Unternehmen (Start-ups, KMUs, Konzerne und Konsortien) auch jetzt wieder eine große Rolle spielen werden bei der Entwicklung neuer Produkte. Produkte Made in Germany werden auch beim Wassersoff mega-in. Doch bedarf der Schritt auf neue Märkte auch anderen Anforderungen an den B2B-Vertrieb, digitales Marketing, Messeauftritt und Corporate Design.
Google, Microsoft und Samsung haben es längst hinter sich. Alle haben sich erfolgreich in Deutschland als Corporate Akteure etabliert – mit eigenen Marketing-, Sales-, PR- und Corporate Affairs-Teams. Auch wenn sie es ganz unterschiedlich getan haben. All das haben ausländische Unternehmen noch vor sich, wenn sie auf den entstehenden Wasserstoffmarkt kommen. Und die Eigenheiten und ungeschriebenen Regeln sollte niemand unterschätzen, der als Neuling nach Deutschland kommt. Darüber können die drei genannten Player am Anfang alte Geschichte erzählen.
Eine letzte Beobachtung. LinkedIn bietet ein riesen Potenzial, wenn es um die Positionierung, Vernetzung und Vermarktung beim Hype-Thema Wasserstoff geht. Noch zeigen sich die verschiedenen Akteure sympathisch zurückhaltend. Aber gerade bei einem Thema, das so stark von internationaler Zusammenarbeit lebt, wie der Aufbau einer neuen Energiewirtschaft, bietet das Netzwerk viel Potenzial – für Einzelne und Unternehmen.